<"Leider nicht, Lorenz entsannte mich um diesen Gerüchten nachzugehen."
Da will der Kerl mich einfach aussperren, aus Lin Bo… So nicht mein Bruderscherz, so nicht!
Jetzt geb’ ich auch mal meinen Senf dazu! (Tim, bitte korrigiere das in Deinem Posting, danke!)>
Schon, als sie auf dem Weg nach Lin Bo auf die ersten Hinweisschilder bezüglich eines Zollpostens des Imperiums stießen, hatte sich seine Mine verdüstert. Bei ihrer Ankunft fiel sein Blick auch gleich auf ein Gebäude, das nur jenes des Zollbeamten sein konnte und seine Miene wurde hart und Verbitterung stand in seinen Zügen. Viel zu viel Macht hatte der elende Wurm der sich selbstgefällig einen Gott nennt noch…
„So weit im Norden des Landes kann er noch Zölle erheben und kommt damit durch! Aber die Erinnerung ist noch frisch, und Furcht hält immer noch viele zurück, die sonst endgültig das Joch des Drachensohnes abschütteln würden.“
Er konnte nur hoffen, dass die Stärkung des Südens - mit Zöllen, die eigentlich anderen Ländern zustanden - bald ein Ende haben würde.
Als sein widerwilliger Blick sich von dem Gebäude löste und über den Platz davor strich, entdeckte er den Grund für ihre Anwesenheit in diesem bedeutungslosen Grenzposten: Ein steinerner Monolith stand unweit des Eingangs zum Zollhaus inmitten dessen, was er als die Überreste eines magischen Kreises deutete. Die beiden aus seiner Position sichtbaren Seiten trugen jeweils ein Zeichen der alten Schrift des Imperiums. Diese Schrift war ihm nicht soweit vertraut, dass er sie lesen konnte, aber das linke der beiden Zeichen beunruhigte ihn ein wenig. Er konnte nicht sagen wieso, aber beim Anblick dieses Zeichens überkam ihn ein Gefühl der Unruhe…
Die auf dem knapp brusthohen Steingebilde angebrachte Schale trug natürlich ihren Teil zum Unwohlsein des, in robuste – nur wenig verzierte - Reisekleidung gehüllten, Anführers der Neuankömmlinge bei. Neben der offensichtlichen Funktion als Opferschale beunruhigte ihn vor allem die Position in der sie angebracht war: Einem normal gewachsenen Menschen, der sich darüber beugt konnte man bequem die Kehle öffnen und sein Blut in der Schale sammeln… Er konnte nur hoffen, dass seine Phantasie mit ihm durchging.
Der Anführer der Reisegruppe gab sich einen offensichtlichen Ruck und seine Miene trug wieder den offenen und freundlich interessierten Ausdruck den man von ihm gewohnt war.
„Laren, kümmere Dich mit dem Rest vorsichtshalber um ein Nachtlager, für heute haben wir sowieso genug Wegstrecke hinter uns. Ich werde meinen Höflichkeitsbesuch bei dem Vertreter des Imperium machen und ihm die Gefangenen übergeben. Lousio, Du kommst mit mir.“ Der großgewachsene Rothaarige nickte ihm mitfühlend zu, bedeutete der Gruppe ihm zu folgen und führte sie in Richtung einer Herberge.
„Und Du“ der Anführer sprach den noch immer neben ihm stehenden – den Einzigen der sich nicht auf sein Geheiß hin in Bewegung gesetzt hatte – an, „hör’ Dich bitte schon mal in der Taverne um. Aber hänge es nicht an die große Glocke, ich will niemanden beunruhigen.“
Ein kurzes Nicken, ein knappes „Geht klar.“ und das Seil mit dem die Gefangenen an Händen und Füßen festgemacht waren wanderte von der Hand des Angesprochenen zu der Lousios und er stand alleine mit Lousio und den Gefangenen auf dem Platz neben der Taverne.
Einen Moment dachte er bei sich „Etwas Gutes haben die Methoden des Imperiums ja: Diesen Strauchdieben wird das stehlen bald vergehen…“ und marschierte langsam aber mit festen Schritten, damit Lousio die durch die Fesselung zu kleinen Schritten gezwungenen Diebe nicht hinter sich her schleifen musste, auf das Zollhaus zu.
Der Wachposten vor der Tür des Hauses besaß genug Geistesgegenwart um ihn trotz seiner Reisekleidung als nicht gänzlich unbedeutend zu erkennen und nachdem er selbst nur eine leichte Verbeugung – eher ein Nicken – angedeutet hatte, verbeugte sich die Wache soweit, dass es sie zumindest aus den gröbsten Schwierigkeiten heraus halten würde.
„Nin hao, Ihr wünscht, werter Herr?“
„Nin hao. Baron Lorenz Burkharder zu Mondweiher. Meine Reisgruppe hat eine Gruppe Diebe aufgegriffen, die kurz zuvor einen Händler überfallen hatten.“ bei dem Wort „Baron“ neigte die Wache ihren Oberkörper reflexartig nach unten, verweilte jedoch unterwegs in einem fast unmerklichen Zögern, als sie vernahm woher genau der Baron kam. Die Baronie Mondweiher war doch Bestandteil der ehemaligen Provinz Casturia… Der Provinz, die sich als erste gegen das Imperium erhoben und mit hinterhältigen Tricks die Unabhängigkeit erkämpft hatte. Ein Barbarenbaron! Aber nun mal ein Baron…
„Ich möchte dem ehrenwerten Zollbeamten Lin Bos meine Aufwartung machen und diese Diebe in sein Gewahrsam übergeben.“
Die Wache hatte sich zwischenzeitlich wieder aufgerichtet und sah Lorenz bedauernd an. „Leider muss ich dem hoch geschätzten Baron mitteilen, dass sich der ehrenwerte Mao Ya Si momentan nicht im Zollhaus befindet. Gegenwärtig verweilt er in der Taverne, wo er sich von den Strapazen der letzten Tage erholt. Ihr Könnt Euch aber gerne zu ihm gesellen, er wird sicher wehr erfreut sein über Euren Besuch!“ Die Wache winkte ihrem offensichtlich ihr untergebenen Kollegen, „Wir werden uns natürlich umgehend wie von Euch gewünscht um die ‚Unterbringung’ dieses Gesindels kümmern, Yong Ma hier wird Euch den Weg zu den Zellen weisen, da ich meinen Posten nicht verlassen darf.“
Lorenz deutete eine weitere Verbeugung an und bedankte sich bevor er Yong Ma folgte um die diebischen Bauern ein zu sperren.
Auf dem Rückweg von den Zellen – die mit der ‚Unterbringung’ verbundenen Förmlichkeiten hatte ermüdend viel Zeit in Anspruch genommen - schickte er Lousio zu Laren und dem Rest der Gruppe die ein Nachtlager reservieren sollten um ihnen mit zu teilen wo er zu finden sei, so er denn gebraucht würde.
Als er vor der Schenke ankam, war seine schlechte Laune größtenteils verflogen und er hatte sich wieder völlig im Griff: SO groß wie befürchtet war der Einfluss des Imperiums hier gar nicht. Zwar hatte die Besatzungszeit wie überall auch ihre kulturellen Spuren hinterlassen, aber nicht im Übermaß. Und außerdem war die Zeit der Besatzung durch den Drachensohn auch in Casturia, seiner Heimat, nicht vorbei gegangen. Außer dem Zollposten konnte er nicht besonders viel südgorasischen Einfluss erkennen, was ihn beruhigte und wieder fröhlicher stimmte.
Die Luft im Schankraum war stickig, doch der wohlige Duft lieblichen Tees umschmeichelte seine Nase und sorgte einerseits für einen weiteren Schub positiver Stimmung andererseits spürte er langsam seine Knochen. Er sah sich nach seinem Bruder um und entdeckte ihn in an einem Tisch mit drei Männern, die allesamt aus dem Imperium zu stammen schienen. An der Kleidung des einen erkannte er allerdings einige Besonderheiten, die ihn sofort wieder an seiner Vermutung zweifeln ließen, unterschied er sich doch auf den zweiten Blick deutlich von seinen beiden Tischnachbarn. Dem Zustand seiner Kleidung und dem abwesenden und völlig erschöpften Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien der zweite erst kurz vor ihm – nach langer und erschöpfender Wanderschaft – eingetroffen zu sein. Der Dritte jedoch war augenscheinlich der Gesuchte. Mao Ya Si war – obgleich er Lorenz den Rücken zuwandte – anhand seiner Kleidung leicht als Beamter des Imperiums zu identifizieren.
Eric schien gerade mit Ihm geredet zu haben und wandte sich nun dem etwas fremd anmutenden Mann am Tisch zu, als Lorenz’ Blick auf eine Gestalt an einem der Tische ein wenig weiter vorne fiel. Eine Gestalt, die in Gedanken versunken mit einer ihrer Haarstränen spielte und die er kannte, von weit aus dem Norden her kannte! Er hatte sie kurz vor der Vollendung seiner Jagd nach Yujuyasha im fernen Galladoorn kennen gelernt. Alizea Elun…
Hier im Norden Gorasias?
Er vergaß den Beamten des Drachensohnes, der ihn sowieso noch nicht bemerkt haben konnte und trat an ihren Tisch. Eine leichte Verbeugung – wesentlich tiefer als diejenige, die der Wache vor dem Zollhaus zuteil geworden war – vollführend sprach er sie mit herzlicher Stimme an: „Alizea Elun, ich bin gleichwohl überrascht wie auch hoch erfreut Euch hier zu treffen! Wie ist es Euch seit unserem letzten Treffen ergangen? Und was führt Euch hier in diese Gegend? Kann ich Euch vielleicht behilflich sein?“